Arbeitsgruppe Getränke- und Getreidebiotechnologie
Gruppenleitung: Dipl.-Ing Roland Kerpes
Die Arbeitsgruppe befasst sich mit der Funktionalität von Biomolekülen, Biotechnologie und Mikrobiologie im Getränke- und Getreidebereich mit dem Schwerpunkt der Fermentationstechnologie. Neue Forschungsbereiche sind die Nutzung rekombinanter Stämme zur Expression getränketechnologisch-relevanter Proteine, die kinetische Analyse von Malzpeptidasen, die altersabhängige Fraktionierung singulärer Hefezellen, der Einfluss exogener Stressoren auf Hefe und die Applikation von Mikroorganismen im Saftbereich. Unsere umfassende Ausstattung im Hinblick auf die Durchführung getreide- und getränketechnologischer Analysen aus dem Bereich Mikrobiologie, molekulare Biotechnologie und Genetik finden Sie unter S1-Labor und Mikrobiologie.
ARBEITSSCHWERPUNKTE DER ARBEITSGRUPPE GETRÄNKEBIOTECHNOLOGIE
Mikrofluidische Fraktionierung einer heterogenen Hefezellkultur zur Analyse der altersabhängigen Populationsentwicklung
Der Hefemetabolismus reagiert sensibel auf abiotische und biotische Stressoren, wodurch der Fermentationsverlauf bsp. die Aromastoffbildung wesentlich davon abhängt, wie sich die Summe der physiologischen Zustände der Einzelzellen in Bezug zum Gesamtverhalten der Hefekultur (Viabilität und Vitalität) auswirkt. Dieser physiologische Zustand ist in Hefezellkulturen inhomogen und abhängig vom Alter der singulären Zelle. Ziel der Studie ist deshalb die gezielte Fraktionierung von Hefezellpopulationen unterschiedlichen Alters, wodurch eine vertiefende Betrachtung der Auswirkung des altersabhängigen Metabolismus auf die Fermentationsperformance ermöglicht wird.
Kinetische Charakterisierung der endogenen Malzpeptidasen
Die De-novo-Synthese malzeigener Peptidasen stellt einen grundlegenden biochemischen Schritt der Keimung dar. Die dabei hauptursächlich beteiligten Peptidasen sind aus brautechnologischer Sicht bislang nur teilweise untersucht worden, die Auswirkungen dieser auf das finale Produkt (Bier) sind nicht bekannt. Im Rahmen dieser Arbeit soll der Brau- und Mälzungsprozess hinsichtlich der beteiligten Endo- und Exopeptidasen und deren Auswirkung auf die proteolytischen Attribute mit dem Fokus auf die Glutenfraktionen vertiefend betrachtet werden.
Nutzungspotential Lignin
Ziel des Projektes ist es, eine neue stoffliche Nutzungsmöglichkeit von Lignin(en) in der Getränkeindustrie zu schaffen. Zu diesem Zweck sollen diverse Lignin-Typen, welche u.a. bei der Gewinnung von Zellstoff für die Papierindustrie in großen Mengen als Nebenprodukte anfallen und bisher überwiegend energetisch verwertet werden, als innovative, proteinseitige Stabilisierungsmittel in der Getränkeindustrie (Wein, Kern-, Steinobstfruchtsäfte, Bier) eingesetzt werden, mit dem Zweck der Trübungsreduzierung.
ReGlu – Ein rekombinanter Glutenstandard
Der Nachweis von Gluten in Lebensmitteln erfolgt über eine antikörperbasierte Standardanalyse, den ELISA. Bedingt durch die derzeit verwendeten Referenzmaterialien ist das Nachweisverfahren jedoch anfällig gegenüber der Über-, aber auch Unterbewertung der Glutengehalte. Diese Referenzmaterialien bestehen aus einem Gemisch aus Weizen-, Gersten- und Roggenproteinen und werden bei jedem Lebensmittel gleichermaßen verwendet. Die Verwendung rekombinant in Hefe hergestellter Referenzmaterialien soll die Reproduzierbarkeit und damit die Verlässlichkeit der Lebensmittelanalytik weiter verbessern.
CRISPR/Cas9 Einsatz in der Getränkebiotechnologie
Die Technik CRISPR/Cas9 wurde aus dem bakteriellen Immunsystem heraus entwickelt und ermöglicht das gezielte Schneiden von Genen in lebenden Zellen. Dadurch lassen sich einzelne Gene gezielt ausschalten. Die Technik findet Anwendung bei der Aufklärung der molekularbiologischen Grundlagen der Aromabildung unter industriellen Fermentationsbedingungen oder auch des Flokkulationsverhaltens der Hefe.
Fermentationstechnologie – Charakterisierung und Optimierung
Neben der Verbesserung der Fermentationsperformance klassischer Gärungen mit Saccharomyces cerevisiae sp. liegt der Schwerpunkt auf modernen biotechnologischen Fermentationen unter Einsatz rekombinanter Stämme der Arten Escherichia coli und Pichia pastoris. Die Stämme dienen als Plattformsysteme zur Herstellung rekombinanter Proteine, deren Applikation im Bereich der Getreide- und Getränkebiotechnologie liegt. Nähere Infos zu den vorhandenen Gerätschaften finden sie unter dem Link Bioprozesstechniklabor.
Proteinaufreinigung/ -Konzentration/ -Analytik
Die Reinigung von Proteinen kann auf verschiedene Weise realisiert werden. Eine sehr häufig eingesetzte Methode ist schnelle Proteinflüssigchromatographie (FPLC), die unter anderem die weit verbreitete Metallionen-Chromatographie (IMAC) zur Aufreinigung von rekombinanten Proteinen umfasst. Bei Wildtyp-Organismen werden Proteinaufreinigungen stufenweise durch Kombinationen, wie beispielsweise Ionenaustausch- (IEX) oder Hydrophobe-Interaktions-Chromatographie (HIC), bis zur Reindarstellung angewandt.
Nach der Proteinreindarstellung und –Konzentrierung rekombinanter oder nativer Proteine mittels FPLC-Analytik, dient eine nachfolgende Tricin SDS-PAGE und Western-Blot Analyse (Beispiel) der qualitativen Beurteilung gewonnener Proteine.
ABGESCHLOSSENE PROJEKTE
Osmotolerante Starterkulturen zur Fruchtsaftfermentation
Die Reduzierung des Anteils von Zucker und zugesetzten Aromen in alkoholfreien Erfrischungsgetränken wird von Konsumenten und Herstellern gleichermaßen angestrebt. Dabei können Essigsäurebakterien aus Bienenstöcken helfen: Durch ihr natürliches Vorkommen in zuckerreichen Umgebungen sind sie an hohe Zuckerkonzentrationen angepasst. Werden sie zur Fermentation von Fruchtsäften eingesetzt, bauen sie nicht nur den Fruchtzucker ab, sondern erzeugen auch ein einzigartiges Spektrum von Aromastoffen. Diese Fermentate können als zuckerreduzierte, alkoholfreie Getränkezutaten die geschmackliche Palette der Erfrischungsgetränke erweitern.
Gewinnung von funktionalen Hefezellwandfragmenten als Grundstoff für die Mikroverkapselung
Die Technologie der Verkapselung wird in der Lebensmittelindustrie genutzt, um den Kapselinhalt vor äußeren Einflüssen z.B. Oxidation zu schützen und/oder die Handhabung (z.B. Lagerfähigkeit) zu erhöhen. Aus den hochwertigen Zellwandbestandteilen der Brauereiresthefen soll über geeignete Verfahren ein neuer Grundstoff zur Mikroverkapselung gewonnen werden. Ziel der Studie ist die Nutzung von Hefezellwandfragmenten für die Verkapselung hochwertiger Lebensmittelzutaten mit dem Ziel stabile und sensorisch ansprechende Getränke herzustellen.
Untersuchung und Erhöhung von DPP-IV Inhibitoren in fermentierten malzbasierten Getränken
Diabetes zählt zu den größten globalen Gesundheitskrisen des 21. Jahrhunderts. Die international diabetes Federation (idf) beziffert den Anstieg betroffener Patienten bis ins Jahr 2014 auf 642 Millionen. Ziel dieser Studie ist die Analyse und technologische Modellierung, in welchem Umfang getreidebasierte Peptide eine inhibitorische Wirkung gegenüber der humanen Dipeptidyl-Peptidase IV aufweisen und welche Strategien sich ableiten lassen, diese durch technologische Maßnahmen bei der Mälzung und enzymatischen Hydrolyse während des Maischens in Lebensmitteln anzureichern.
Multisensorische Integration bei der Stimulation des Nervus Trigeminus
Der Nervus trigeminus ist ein Gesichtsnerv der die Wahrnehmung von Geruchs- und Geschmacksreizen unterstützt. Zu den trigeminalen Reizen zählen dabei die Schärfe von Chilis oder auch der kühlende Effekt von Menthol. Ziel des Projektes ist das bessere Verständnis der trigeminalen Reizverarbeitung im menschlichen Gehirn und der Einfluss der Lebensmittelmatrix darauf. Die so gewonnenen Erkenntnisse finden ihre Anwendung beispielsweise in der Rezepturverbesserung alkoholfreier Getränke.
Designer-Hefen in der Brau- und Getränkeindustrie
Durch den Einsatz der grünen Biotechnologie ist es möglich, modifizierte Bierhefen mit neuen genetischen Merkmalen zu konstruieren, um den Brauprozess und die Aromaprofile des Bieres zu optimieren. Da in der Europäischen Union bislang gentechnisch veränderte Hefen nicht zugelassen sind, sollen diese Prozesse mittels EU-konformer Selbstklonierung durch Überexpression oder Knockout bestimmter Gene der Hefe verbessert werden.
Glutenfreies Bier
Während der Keimung wird auf natürliche Art und Weise ein Peptidasecocktail aufgebaut, der in der Lage ist, das für Zöliakiekranke schädliche Gluten abzubauen. Die dabei hauptursächlich beteiligten Peptidasen sind bislang nicht untersucht worden, die Auswirkungen dieser auf das finale Produkt (Bier) sind nicht bekannt. Im Rahmen dieser Arbeit soll der Brau und Mälzungsprozess hinsichtlich des Glutenabbaus vertieft betrachtet werden, sodass herkömmliche Biere (Gersten/Weizenbier) unter Beibehaltung aller sonstigen Qualitätsmerkmale glutenfrei hergestellt werden können.
Degradation toxischer Getreideinhaltstoffe
Das Projekt behandelt die Möglichkeit über die Prozessmodifikation des Mälzens und Maischens den Dhurrin Gehalt (HCN) von Sorghum zu reduzieren. Insbesondere wird die Maischesäuerung über verschiedene Milchsäurebakterien und deren enzymatischer Kapazität Dhurrin zu hydrolisieren, untersucht werden. So soll letztlich ein Sorghumgetränk mit maximal reduziertem, toxischen HCN-Gehalt erzeugt werden.
Verwertung von Biertrebern durch hydrothermale Spaltung mit dem Ziel der Entwicklung genussfähiger Getränkegrundstoffe
Während der Bierherstellung sammeln sich produktionsspezifische Reststoffe an, unter denen Biertreber mit ca. 75–78 % (w/w) die wichtigste Fraktion darstellt. Allein in Deutschland fallen jährlich etwa 2 Mio. t Nasstreber an. Biertreber haben sich im Laufe der letzten Jahre zu einem kostengünstigen, attraktiven Reststoff entwickelt, dessen Veredelung aufgrund wertvoller Inhaltsstoffe für die menschliche Ernährung von großem Interesse ist. Biertreber enthalten leicht abbaubare Substanzen, jedoch auch einen hohen Anteil kaum oder nicht verwertbarer Bestandteile, wie Proteine und Kohlenhydrate. Aufgrund ihrer Struktur und vorhergehender Prozessschritte sind die in Biertrebern zurückgebliebenen Kohlenhydrate nur schwer hydratisier-bar. Daher sollten im Rahmen des Vorhabens die Anwendbarkeit der hydrothermalen Spaltung dieser Polysaccharide untersucht und Einsatzmöglichkeiten für die Getränketechnologie entwickelt werden.
Einfluss der Stickstoffassimilation und Genexpression auf sensorisch aktive Aminosäuremetabolite von Saccharomyces Hefen
Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, über den Einfluss einzelner Aminosäuren auf die Genexpression von Saccharomyces Hefen und die damit verbundene Synthese der Gärungsnebenprodukte unter Variation prozesstechnischer Faktoren definierte Mengen aroma-aktiver Metabolite in fermentierten Getränken biosynthetisch zu generieren um somit gezielte sensorische Eindrücke einstellen zu können.